Die Bedeutung von Äußerungen in sozialen Medien hat in den letzten Jahren signifikant zugenommen, insbesondere im Hinblick auf die Beziehung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf wirft ein Licht auf die Grenzen der persönlichen Meinungsäußerung und die damit verbundenen Konsequenzen im Arbeitsverhältnis.
Im Kern des Falles steht ein Schlosser, der auf seinem privaten, öffentlich zugänglichen Facebook-Account nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 fragte, wann die nächste Demo „gegen Juden“ in Nordrhein-Westfalen stattfinde. Des Weiteren teilte er ein Video, das zeigt, wie Israelis aus einem Flugzeug in Dagestan gezerrt und teils schwer verletzt wurden, und bezeichnete die Täter als „Ehrenmänner“. Über seine persönlichen Angaben war zudem erkennbar, bei welchem Unternehmen er beschäftigt war.
Nachdem sein Arbeitgeber von diesen Äußerungen erfahren hatte, folgte eine fristlose Kündigung. Doch sowohl das Arbeitsgericht Oberhausen als auch das LAG Düsseldorf gaben dem Schlosser in seiner Kündigungsschutzklage recht. Das Gericht befand, dass vor einer solchen Kündigung eine Abmahnung stattzufinden hatte.
Die Düsseldorfer Richter bestätigten zwar die Schwere der Pflichtverletzung gemäß § 626 Abs. 1 BGB, da die Äußerungen auf Facebook geeignet waren, das Ansehen des Arbeitgebers zu beeinträchtigen. Jedoch wurde auch entschieden, dass Arbeitnehmer das Recht auf private Äußerungen besitzen, solange diese nicht direkt den Arbeitgeber betreffen.
Ein entscheidender Aspekt der Urteilsfindung war der fahrlässige Bezug des Schlosser zu seinem Arbeitgeber. Obwohl die Äußerungen inhaltlich schwerwiegend waren, ergab die Interessenabwägung, dass der Arbeitnehmer nicht vorsätzlich handelte, um seinem Arbeitgeber zu schaden. Zudem war die Arbeitsplatzangabe bereits veraltet und wurde nach Hinweis sofort gelöscht.
Die Richter schlussfolgerten, dass die Empörung des Arbeitgebers über die Äußerungen nicht gerechtfertigt sei, da das Arbeitsrecht keine Sanktionen für private Äußerungen vorsieht, selbst wenn diese ein fragwürdiges Verhältnis zur Menschenwürde und Gewalt spiegeln.
Dieses Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit für Unternehmen, klare Richtlinien in Bezug auf das Verhalten ihrer Mitarbeiter in sozialen Medien zu etablieren und gleichzeitig das Recht auf persönliche Meinungsäußerung zu respektieren. Die Debatte über die Balance zwischen individueller Freiheit und den damit verbundenen Risiken für das Unternehmensimage bleibt aktuell und sollte in der Unternehmenspraxis stets berücksichtigt werden.
LAG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2024 – 3 SLa 313/24