BAG: Kein Konzernprivileg bei Anstellung „zum Zweck der Überlassung“

Die Arbeitnehmerüberlassung ist ein Thema, das oft für Verwirrung sorgt, insbesondere wenn es um die Anwendung von Erleichterungen für Unternehmen innerhalb eines Konzerns geht. Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat in diesem Zusammenhang für Klarheit gesorgt und zeigt, dass das sogenannte Konzernprivileg nicht immer greift, wenn Arbeitnehmer über längere Zeit innerhalb des Konzerns „ausgeliehen“ werden.

Was bedeutet das genau? Grundsätzlich gibt es für Unternehmen, die zum selben Konzern gehören, bestimmte Erleichterungen bei der Arbeitnehmerüberlassung. Diese können allerdings nicht automatisch in Anspruch genommen werden, insbesondere wenn ein Mitarbeiter seit Beginn seines Arbeitsverhältnisses – und das kann durchaus über Jahre hinweg gehen – in einem anderen Unternehmen des gleichen Konzerns tätig ist. In einem solchen Fall gehen die Richter des BAG davon aus, dass die Beschäftigung des Arbeitnehmers tatsächlich „zum Zweck der Überlassung“ erfolgt ist.

Ein anschauliches Beispiel liefert ein konkreter Fall: Ein Mann war von Juli 2008 bis Ende April 2020 bei einer GmbH als Sitzefertiger angestellt. Dennoch war er von der ersten Minute an auf dem Werksgelände eines anderen Unternehmens der Automobilindustrie tätig, das ebenfalls zum gleichen Konzern gehörte. Dies führte zu der Frage, ob zwischen ihm und dem Industrieunternehmen ein Arbeitsvertrag im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zustande gekommen war.

Der Arbeitnehmer vertrat die Ansicht, dass er seit Beginn seiner Anstellung als Leiharbeitnehmer im Einsatz war, was gegen die gesetzlichen Bestimmungen des AÜG verstoßen habe. Das Unternehmen hingegen sah die Zusammenarbeit als eine vertragliche Beziehung von dienst- oder werkvertraglicher Natur an.

Die Vorinstanzen, namentlich das Landesarbeitsgericht Niedersachsen, gaben dem Unternehmen zunächst recht und erachteten die Voraussetzungen für das Konzernprivileg als erfüllt. Das BAG entschied jedoch anders: Es hob das Urteil auf und wies den Fall zurück. Die Richter erklärten, dass das Konzernprivileg nicht nur dann unanwendbar sei, wenn die Einstellung „und“ die Beschäftigung mit dem Ziel der Überlassung erfolge. Vielmehr sei die entsprechende Formulierung im Gesetz als Aufzählung zu verstehen.

Das bedeutet, dass das Konzernprivileg auch dann nicht greift, wenn ein Arbeitnehmer „zum Zweck der Überlassung“ eingestellt „oder“ beschäftigt wird. Dies ist vor allem der Fall, wenn eine Person über Jahre hinweg als Leiharbeitnehmer tätig ist. In solchen Situationen legen die Richter nahe, dass der Beschäftigungszweck entsprechend indiziert ist.

Nun liegt es am Landesarbeitsgericht, die notwendigen Fakten zu ermitteln, um festzustellen, ob tatsächlich eine Arbeitnehmerüberlassung vorliegt und die Regelungen des AÜG Anwendung finden. Dabei wird entscheidend sein, ob der Kläger in die Arbeitsorganisation des Industrieunternehmens integriert war und dessen Weisungen unterlag oder ob ausschließlich die GmbH als weisungsbefugt galt.

Insgesamt macht dieses Urteil deutlich, wie wichtig es ist, die genauen Bedingungen und Umstände einer Arbeitnehmerüberlassung zu betrachten. Für Arbeitgeber ist es ratsam, sich über die gesetzlichen Vorgaben und Ausnahmen im Klaren zu sein, um mögliche rechtliche Komplikationen zu vermeiden.

BAG, Urteil vom 12.11.2024 – 9 AZR 13/24

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